Juli 2023
Sri Lanka ist in einer noch nie dagewesenen Wirtschaftskrise. 40% der Bevölkerung hat inzwischen kaum noch ausreichend zu essen. Die internationale Hilfe wird erst anlaufen, wenn das Land Reformen einleitet.
Dem Land fehlen Devisen. Die landwirtschaftliche Produktion ging nach dem abrupten Verbot von chemischen Düngemitteln und der Umstellung auf reine Bio-Produktion - vor allem wegen fehlender Devisen - zurück. Die Folgen waren Lebensmittelknappheit und ein dramatischer Anstieg der Lebenshaltungskosten.
Die Inflation hat sich im Vergleich zum Jahresende 2022 auf immer noch hohem Niveau etwas abgeschwächt. Während die Inflationsrate für Lebensmittel zum Jahresende noch bei fast 90 Prozent lag, ist sie zur Jahresmitte etwa bei 50 Prozent. Die rund 22 Millionen Einwohner sind kaum noch in der Lage, die Importe von Nahrungsmitteln, Treibstoff und Medikamenten bezahlen zu können.
Immer mehr Menschen der Insel haben nicht genug zu essen
Gemäss UN-Welternährungsprogramm stehen in 2 von 5 Haushalten Sri Lankas kaum ausreichend Nahrungsmittel zur Verfügung. 2019 war es 1 von 10 Haushalten.
Etwa sieben von zehn Haushalte reduzierten regelmäßig die Anzahl der Mahlzeiten oder verkleinerten die Portionen. 17 Prozent der Kinder unter fünf Jahren sind unterernährt.
Die politische Lage ist weiterhin instabil
Vom Erfolg der Reformen dürfte die politische Zukunft des neuen Präsidenten Ranil Wickremesinghe abhängen. Sein Vorgänger Gotabaya Rajapaksa war im Sommer nach monatelangen Protesten gegen die hohen Lebenshaltungskosten und knappen Ressourcen bei Lebensmitteln und Benzin zurückgetreten und außer Landes geflohen.
Dass ausgerechnet Wickremesinghe ihm nachfolgte, enttäuschte viele Demonstranten - sie sahen in ihm vor allem einen langen Weggefährten des gestürzten Präsidenten und hielten ihn auch mitverantwortlich für Korruption und Vetternwirtschaft.
Auch Wickremesinghe ging hart gegen die Demonstrationen vor. Er wandte das berüchtigte Gesetz zur Verhinderung von Terrorismus an, um Aktivisten zu verhaften. Und er drohte damit, dass er bei erneuten Protesten wieder den Ausnahmezustand ausrufen werde.
Human Rights Watch kritisiert, ohne die Achtung der Menschenrechte, einschließlich des Rechts auf friedliche Proteste, könnten die Menschen in Sri Lanka Politiker nicht zur Rechenschaft ziehen. Es sei von entscheidender Bedeutung, dass die internationalen Partner des Landes Einfluss auf die Regierung ausübten. “Die Einhaltung der Menschenrechte sei ein wesentlicher Schritt zur Bewältigung der Krise."
Die Lage in Sri Lanka stabilisiert sich, doch der Weg zur Erholung ist noch weit
Der Inselstaat hat einen langersehnten IMF-Kredit erhalten, nach dem Ende der Pandemie kehren die ersten Touristen zurück, und die Energiepreise fallen nach dem Schock des Ukraine-Kriegs. Aus der Gefahrenzone ist das Land damit aber nicht.
Der Kollaps ist abgewendet, nachdem Sri Lanka vom Internationalen Währungsfonds (IMF) einen Kredit von 2,9 Milliarden Dollar erhalten hat. Eine erste Tranche von 333 Millionen Dollar wurde Ende März ausgezahlt. Das Darlehen aus Washington macht den Weg frei für die Erteilung weiterer Kredite der Weltbank und der Asiatischen Entwicklungsbank von 7 Milliarden Dollar.
Welchen Einfluss haben diese Rahmenbedingungen auf unsere Tätigkeit?
Eigener Anbau von Früchten und Gemüse im Mädchenheim "Vijitha Balika"
Es liegt auf der Hand, dass nun in unseren Waisenhäusern mehr für den täglichen Konsum angebaut wird. Das heisst, die jungen Erwachsenen und Kinder lernen, wie man einen Nutzgarten erstellt und bewirtschaftet. Eine Fähigkeit, welche im Leben sicherlich sehr wertvoll ist. Die ersten selbstgezogenen Früchte und das selbstgeerntete Gemüse haben einen ganz anderen Wert.
Der Einkauf ist wichtiger und langfristiger geworden.
Einkauf für 2-3 Wochen für das Mädchenheim "Vijitha Balika"
Aufgrund der sich schnell verändernden Lebensmittelpreise muss mit einem langfristigen Fokus eingekauft werden. Zum Glück hat Srilankapoint ein professionelles Team vor Ort. Dieses Team kauft für alle Heime ein und kann so durch grosse Bestellungen günstigere Preise verhandeln.
Mehr Abhängigkeit von Srilankapoint
Die Kosten für Gas zum Kochen und Elektrizität sind stark angestiegen, obwohl unsere Heime versuchen den Verbrauch zu reduzieren.
Für den Betrieb unserer Heime muss Srilankapoint mehr aufwenden. Wir benötigen nun mehr als das Zweifache um die laufenden Kosten zu begleichen.
September 2022
Aufgrund der enormen Versorgungsengpässe von Gütern des täglichen Lebens wie Gas zum Kochen, Benzin oder Diesel für die Verteilung der Grundnahrungsmittel und Medikamente ist nun in vielen Familien der Hunger angekommen. Viele Menschen in Sri Lanka können sich nur noch eine Mahlzeit am Tag leisten, nicht wenige noch weniger.
Die Videos von BBC und ARD zeigen die Situation vor Ort eindrücklich. In einem Land, wo die Familie noch der einzige sichere Wert darstellt, ist es für Waisenkinder noch viel schlimmer. Unsere Hilfsgelder werden zurzeit ausschliesslich für Nahrungsmittel und Medizin verwendet. Aus dieser Notsituation heraus, danken wir für jede auch noch so kleine Spende.
März 2022
Sri Lanka befindet sich in der grössten Wirtschaftskrise seit der Unabhängigkeit des Landes 1972. Die aktuelle Lage ist verheerend.
Schon nach den Selbstmordanschlägen auf Hotels und Kirchen im Jahr 2019 ist der Tourismus, einer der wichtigsten Devisenbringer des Landes, stark zurückgegangen. Die Covid-19-Pandemie, welche kurzdarauf folgte, verstärkte diese Situation weiter: Die Tourismusbranche kam fast vollständig zum Erliegen.
Am 31. August 2021 erklärte der Präsident von Sri Lanka, Gotabaya Rajapaksa, den wirtschaftlichen Notstand. Dadurch ist es ihm erlaubt direkt und ohne Zustimmung des Parlaments in wirtschaftliche und politische Vorgänge einzugreifen. Eine zeitliche Begrenzung dieser erweiterten Macht ist nicht vorgesehen. Diese Entscheidung wirkt drastisch, wenn man berücksichtigt, dass das Problem bereits über Monate vorwegzusehen war.
Sri Lanka hat in den vergangenen Jahren viele Kredite aufgenommen, um – unter anderem – Investitionen zu tätigen. Die neuen Autobahnen, der internationale Flughafen und der neue Hafen von Hambatota wurden jedoch kaum genutzt – statt Gewinnen machen diese Projekte seit nun über zehn Jahren Verluste und Sri Lanka nimmt laufend Kredite auf, um die Darlehen zurückzuzahlen.
Mittlerweile ist der Schuldenberg grösser als die jährliche wirtschaftliche Leistung des Landes, was wiederum negative Konsequenzen für die Kreditwürdigkeit von Sri Lanka zur Folge hat.
Auch um die Nahrungsmittelversorgung verschlechtert sich tagtäglich. So verfügt das Land zwar über genügend Reis, doch viel Produkte des täglichen Bedarfs wie Zucker oder Milchprodukte müssen für teures Geld aus dem Ausland importiert werden. Die Devisen, um für diese Nahrungsmittel aufzukommen, fehlen jedoch, da u. a. der Tourismus ausbleibt. Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes werden die offiziellen Reserven der Zentralbank benötigt, um lebenswichtige Nahrungsmittel, Öl und Medikamenten zu importieren.
Kurzum, die Lebensmittel wurden knapp und die Preise schossen in die Höhe. Mit anderen Worten die Inflation galoppiert in die Höhe, die Sri Lanka Rupie verliert drastisch an Wert.
Die Folgen treffen vor allem die ärmere Bevölkerung, welche sich nicht mit der eigenen Produktion versorgen kann.
Ein Ausweg aus der verdriesslichen Lage des Landes stellt die Erhöhung der lokalen Nahrungsmittelproduktion dar. So würde man weniger von Importen aus dem Ausland abhängig sein. Ein Prozess jedoch, welcher Zeit benötigt – und mit dem aktuellen Notstandsgesetz nicht bewerkstelligt werden kann.
Es ist klar, dass nun unsere Kinderheime noch stärker auf fremde Hilfe angewiesen sind.
Februar 2022
Das Payagala Jayanthi Children’s Home, welches 30 Autominuten von Bentota entfernt im Landesinneren liegt, weist eine sehr wechselhafte Vergangenheit auf.
Ursprünglich hatte ein Deutscher mit seiner Frau vor mehr als 20 Jahren einen zweckmässigen Bau erstellen lassen. Das Waisenhaus, so sagt man, hatte damals eine gute Zeit. Im Alter konnte sich das Ehepaar aus Deutschland nicht mehr persönlich um das Heim kümmern. Dieses wurde danach durch staatlich eingesetzte Manager «geführt».
Die Unterstützung konnte nicht in andere Hände übergeben werden und das Heim wurde offenbar wie viele andere Kinderheime sich selbst überlassen – leider!
Nach einem schweren Missbrauchsskandal wurde das Heim vor 12 Jahren vom Staat geschlossen. Die Gebäude standen mehrere Jahre leer.
Vor vier Jahren wurde es in einem erbärmlichen Zustand wieder eröffnet. Bei unserem damaligen Erstbesuch waren nur 6 Knaben in diesem Heim untergebracht. Es waren sehr einprägsame Bilder, die uns bis heute in Erinnerung geblieben sind. Es fehlte wirklich an allem was man sich vorstellen kann. Srilankapoint hat damals Soforthilfe geleistet.
Glücklicherweise hat sich bis vor der Coronazeit eine lokale Person die ersten zwei Jahre nach der Wiedereröffnung um das Heim gekümmert. So wurde ein Gebäude teilsaniert und nach der Wiedereröffnung ging die Entwicklung aufwärts – leider allerdings nicht nachhaltig.
Wie in der allgemeinen Lage erwähnt, ist der Tourismus seit bald 2 Jahren völlig zum Erliegen gekommen. Für Waisenhäuser, welche aus der lokalen Bevölkerung unterstützt worden sind, stellt dies eine fatale Situation dar. Da grössere Teile der Bevölkerung zu wenig zu essen haben, es mit anderen Worten am Notwendigsten fehlt, bleibt für die Waisenhäuser oft nichts mehr übrig.
Aus diesem Grund ist Srilankapoint nun bei diesem Heim mit einem länger geplanten zeitlichen Engagement eingesprungen. Wir sorgen dafür, dass die 31 Buben wieder genügend zu essen und eine bessere Zukunft vor Augen haben können.
Unsere Erfahrung der letzten 20 Jahre in diesem Land hat gezeigt, dass ein intensiver Austausch mit den Verantwortlichen vor Ort wichtig ist, um ein Vertrauensverhältnis aufzubauen.
Nach einem 14-tägigen Arbeitsbesuch hat Catherine Lieger die Basis für die Zusammenarbeit und auch die «Spielregeln» dieser mit dem Verantwortlichen vor Ort fixiert. So kann nun eine fruchtbare Zusammenarbeit aufgebaut und wirkungsvolle Unterstützung geleistet werden.
Wir sind in diesem Waisenhaus im Vergleich mit den anderen Heimen noch weit weg vom «Standard». Doch durch das Engagement von Srilankapoint, besteht eine gute Chance auch dieses Heim wieder in eine menschenwürdige Institution zu entwickeln.
August 2021
Das Coronavirus und seine wirtschaftlichen Auswirkungen hat Sri Lanka hat mit ungebremster Wucht getroffen. Was ist, wenn sich das Virus in Windeseile in einem Land mit einem maroden Gesundheitssystem ausbreitet, in dem auch Social Distancing kaum möglich ist? Die Ausbreitung, wenn man den publizierten Zahlen glaubt, ist zwar stark eingedämmt worden, doch die wirtschaftlichen Auswirkungen für die Unterschicht, 80% der Bevölkerung, ist absolut verheerend.
Die Preise für Produkte des täglichen Bedarfs sind für viele unerschwinglich geworden. Zugleich hat ein Grossteil der Tagelöhner und Menschen, welche in der Tourismus-Branche arbeiteten ihre Arbeit verloren. Die vor der Krise noch teilweise funktionierenden wirtschaftlichen Strukturen sind total zusammengebrochen.
Zurzeit hat der Lockdown das Land im volkswirtschaftlichen Würgegriff. Es herrscht ein akuter Mangel an Medikamenten. Auch Gas zum Kochen ist nun Mangelware.
Waisenhäuser in einem Land, in dem Familienstrukturen den einzigen Zusammenhalt bilden, waren schon immer auf der «Verliererstrasse». Die Kinder haben oft niemanden, der sich um sie kümmert. Sie sind komplett auf den «Goodwill» des Umfeldes angewiesen.
Seit Jahren unterstützen wir zwei Waisenhäuser und es ist aufgrund der ausserordentlichen Lage ein weiteres dazu gekommen.
Wir haben die Hilfe sofort umgestellt und konzentrieren uns nun auf die Sicherstellung der Ernährung in unseren Heimen.
Dank unseren zuverlässigen Helfern vor Ort können wir auch in diesen sehr schwierigen Zeiten sicherstellen, dass 100% der Spendengelder für Essen und das Nötigste eingesetzt werden.
Wir danken allen herzlich, für Ihre Unterstützung – so einen Aufruf haben wir in der ganzen Zeit noch nie machen müssen.